Land der aufgehenden Sonne?

Wer Hohes ersteigen will – unten muss er beginnen. Wer Fernes erlaufen will – den ersten Schritt muss er tun. (Aus Japan)

Freitag, Juli 28, 2006

Wer Hohes ersteigen will - unten muss er beginnen.


Wer Hohes ersteigen will – unten muss er beginnen.
Wer Fernes erlaufen will – den ersten Schritt muss er tun.


So, der erste Schritt wäre getan. Ich habe mich nun 12 Wochen lang mit Japan beschäftigt, 12 Posts über dieses Land und meine Suche danach geschrieben.
Aber eben nur der erste Schritt, „Hohes“ habe ich damit noch nicht erstiegen. Im Gegenteil, ich habe das Gefühl, erst noch am Fuß des Berges zu stehen, weit entfernt von der Spitze, die noch im Nebel liegt.

12 Wochen Japan: vieles, das ich über dieses Land erfahren habe; vieles, das ich noch nicht gelernt habe. Viel, das ich kennen gelernt habe und trotzdem noch so viel, was ich nicht kenne.
Sicher, es reicht nicht, sich 12 Wochen lang mit einem Land zu beschäftigen, um es zu kennen; 4 Bücher zu lesen, um seine Menschen kennen zulernen, ein paar Blog-Einträge, um Japan-Experten zu werden.
Und dennoch, der erste Schritt ist gemacht, ich habe mich mit Japan auseinander gesetzt, bin durch die Geschichte, die Gesellschaft und Kultur dieses Landes gereist und habe dabei einiges mitgenommen. Begonnen habe ich voller Ahnungslosigkeit und bin selbst fast erschrocken, dass ich von Japan fast nichts anderes kannte als Vorurteile.
Meine nächste Station war der Sport: Zunächst Karate, DIE japanische Sportart in Deutschland, daraufhin Fußball, DIE deutsche Sportart in Japan.
Daraufhin bin ich mitten in der Geschichte Japans gelandet, habe einen Ausflug in die Vergangenheit gamacht, um schließlich im Tokyo der Gegenwart anzukommen.
Auf meiner "Reise" habe ich Monster gesehen und Geister, habe jugendliche Ausreißer getroffen und Ohrenmodels und noch so vieles mehr.

"Fernes" habe ich versucht zu erlaufen. Und Japan war mir wirklich fern, so viel steht fest. Ein kleines Stück Weg dorthin habe ich mir gebahnt, aber eben nur ein kleines Stück, angekommen bin ich noch lange nicht.
Ich bin mir sicher, man kann noch so lange und ausführlich über ein Land reden, wie man will und doch weiß man doch eigentlich nichts über ein Land, bis man nicht wirklich dort war, seine Landschaft gesehen, seine Menschen erlebt und in seine Kultur geblickt hat.
Vor allem bei einem Land wie Japan. Sollten wir über Frankreich, Italien, England, Österreich etc. oder selbst Amerika schreiben, würde uns dies höchstwahrscheinlich leichter fallen, immerhin sind dies Länder, deren Kultur, Geschichte und Religion uns näher und vertrauter sind, als die Japans. Und doch war gerade dies eine Herausforderung: sich einem Land und einer Kultur zu stellen, der gegenüber - zumindest in meinen Fall - man fast nur Vorurteile hat, ohne wirklich viel über dieses Land zu wissen.

Die Bücher Murakamis waren für mich allerdings leider nur bedingt hilfreich. Hilfreich waren sie sicher in so weit, dass ich gemerkt habe, dass der Unterschied zwischen unserer "westlichen" und Japans "östlicher" Kultur vielleicht doch gar nicht so groß ist, wie ich gedacht habe. Das auch wir ohne Schwierigkeiten diese Bücher lesen können, ohne ständig vor einem japanischen Rätsel zu stehen, dass die Geschichten zum größten Teil auch in unseren westlichen Kulturkreis adaptierbar sind. Und dennoch finde ich, dsss ich über die Bücher recht wenig über Japan erfahren habe und sie als alleinige Grundlage für meinen Blog zu benutzen mir persönlich weniger sinnvoll erschien.
Absichtlich habe ich mich meist nicht am Inhalt der Seminare orientiert, weil ich nicht nich einmal wiederholen und aufarbeiten wollte, was ich in den Semiinaren sowieso schon gehört habe, sondern Platz lassen, um mir zusätzliches Wissen anzueignen, Dinge zu erfahren, die mich interessieren.


Meine Gehversuche Japan entgegen haben mich bestimmt weiter gebracht und doch konnten sie das Bild der Photo-Knipsenden Japaner und Sushis nicht vollkommen revidieren, manche Vorurteile bleiben trotzdem.

Doch es gibt nach 12 Wochen immer noch so viel, was unentdeckt, unerforscht geblieben ist. So viele Dinge, die ich über Japan auch noch erfahren wollte, über die ich vielleicht beim Nachforschen für andere Posts "gestolpert" bin. Doch kaum hat man sich daran gewöhnt einen Blog zu schreiben, hat sämtliche technischen Probleme (meist ausgelöst durch mein technisches Unwissen), hat es endlich geschafft die Bilder so wie man sie auch haben will hochzuladen und ist endlich ein wenig in tiefen Gewässer Japans eingetaucht und schon sind 12 Wochen vorbei und es gibt noch so viel, was ungeklärt, was ungeschrieben ist.


Nach diesen 12 Wochen würde ich behaupten, dass Japan mir nicht mehr ganz so fremd ist, wie es zuvor war. Viele Dinge, die man für befremdlich hält, sind nur deshalb befremdlich, weil man sich gar nicht erst darauf einlässt, eine Erklärung zu finden oder man einfach zu wenig über das Land und seine Menschen weiß.
Ich habe gelernt, dass Japan eben doch mehr ist als meine Vorurteile zu Beginn, auch wenn manche Bilder von Japanern, wie das der Foto-Knipsenden Touristen, sich wohl einfach nicht aus dem Weg räumen lassen.
Ich habe gelernt, dass Japan eine faszinierende Geschichte hat, das mit fast allem, sei es Tee, Sport oder ähnliches eine Philosophie verbinden, dass hinter einer Teezeremonie beispielsweise eben mehr steckt als nur das bloße Teetrinken. Japan ist für mich vom unerforschten Land, zu einem - zwar immer noch nicht vollständig erfoscten - aber erforschenswerten Land geworden, von dem auch wir sehr viel lernen können.


さようなら
Sayonara



Bildquelle:

http://www.shiatsu-austria.at/magazin/images/mag35d.jpg

Montag, Juli 10, 2006

Japan-Knigge

Wen die Beschreibung Tokoys nicht abgeschreckt hat und trotzdem oder gerade deswegen einmal nach Japan reisen möchte, dem sei gesagt, dass es gar nicht so einfach ist, sich mit unseren westlichen Benimmregeln das japanische Prädikat für gutes Benehmen einzufahren.

Deshalb, hier ein „Japan-Knigge“:


1. Man putzt sich in der japanischen Öffentlichkeit nicht die Nase mit einem Taschentuch (Taschentücher höchstens dafür benutzen, um sich die Stirn abzuwischen!), sondern, zieht – im Gegensatz zu dem was uns unsere Mütter, als wir klein waren wohl beigebracht haben – die Nase hoch. Dies zeugt davon, dass man alles unter Kontrolle hat.


2. Das wohl größte Problemfeld, wenn es um das richtige Benehmen geht – egal ob in Japan oder Deutschland – ist wohl „bei Tische“. Man beachte: Nudeln muss man laut aus der Suppe schlürfen, da sich durch den Schlürfvorgang ihr ganzes Aroma entfalten, sonst wird, entgegen Vorurteilen, nicht geschlürft! Vor dem Essen sagt man itadakimasu (dt. ich werde bekommen) und nach dem Essen gochisosama deshita (dt. war schmackhaft und sättigend). Beim Einschenken von Bier, Wein- oder Sake schenkt man sich nie selbst, sondern nur den anderen ein und wartet darauf, bis jemand anders einem selbst eingießt. Schenkt eine höhergestellte Person einem etwas ein, so trinkt man es in einem Zug leer! Zum Umgang mit den Stäbchen: nach den Regeln der „Ogasawara-Schule“, die schon im 14. Jahrhundert galten, nimmt man die Stäbchen zum Essen auf, indem man sie in die rechte Hand nimmt und sie auf Höhe des Brustkorbes anhebt. Daraufhin unterstützt man sie von unten mit der linken Hand, schiebt die rechte Hand nach rechts und dreht sie so, dass sie die Stäbchen von unten her umfasst. Zunächst korrigiert man die Position der rechten Hand, sodass man die Stäbchen bequem hält und lässt dann mit der linken Hand los. Beim Essen mit Stäbchen dient ein Stäbchen zur Unterstützung und wird nicht bewegt, man hält es zwischen Mittel- und Ringfinger. Das zweite Stäbchen wird zwischen Mittel- und Zeigefinger gehalten und mit dem Daumen bewegt.

Zur Veranschaulichung:




Außerdem gilt es Folgendes zu beachten:
Die Stäbchen nicht dazu benutzen irgendetwas aufzuspießen, Speisen von einem Teller/Schale in eine/n andere/n zu befördern, irgendetwas auf dem Tisch zu verschieben oder auf jemanden zu zeigen und auch das Gestikulieren mit Stäbchen in der Hand sollte vermieden werden!
Sehr wichtig: Stäbchen nicht senkrecht ins Essen halten! Auf diese Weise wird dem Buddhistischen Glauben zufolge den Toten das Essen gereicht. Man reiche auch seinem Tischnachbarn kein Essen mit dem Stäbchen weiter, was wieder auf den Buddhistischen Glauben zurück geht, in dem auf diese Weise bei einem Begräbnis-Ritual die Knochen aus der Asche des Verstorbenen den Hinterbliebenen gereicht werden.


3. Die Begrüßung:
Zur Begrüßung verbeugt man sich in Japan voreinander, wie tief hängt von der entgegenzubringenden Achtung und dem Geschlecht des Gegenübers ab. Die Verbeugung wird in drei Kategorien eingeteilt: die leichte, die normale und die höflichste Verbeugung. Der Unterschied ist lediglich der Winkel, in dem man sich verbeugt. Hierbei gilt: je größer die Achtung vor dem Gegenüber, desto größer der Winkel. In den meisten Fällen verbeugt man sich in einem 45°-Winkel, mit 15° verbeugt man sich nur vor vertrauten Personen, wie Familienangehörigen oder guten Freunden. 90° sind bei dem Besuch eines Schreins oder Tempels angebracht. Am besten bei der Verbeugung Hände natürlich herabhängen lassen, der Kopf und Rücken sollten eine gerade Linie bilden.


4. Zu Besuch bei Japanern:
Falls man in das Haus einer japanischen Familie eingeladen werden sollte, gibt es wieder diverse Dinge zu beachten: Seine Schuhe zieht man in einem Vorraum aus und bekommt vom Gastgeber Hauslatschen. Beim Schuhwechsel sollte man beachten, dass man dem Gastgeber niemals den Rücken zukehrt! Falls man auf die Toiletten gehen muss, stehen hierfür meistens extra Latschen bereit (meist in leuchtenden Farben, damit man erkennt, ob man das Wechseln vergessen hat.).
Man sitzt meist auf einer Tatami an einem flachen Tisch auf einem Kissen. Als Mann „darf“ man sich in den Schneidersitz setzen, als Frau auf angehockten Beinen! Vorsicht: wenn man die Beine n Richtung einer anderen Person ausstreckt gilt dies als Beleidigung!


5. Geschenke:
Geschenke spielen in Japan eine große Rolle. Viel wichtiger noch als das jeweilige Geschenk ist dessen Verpackung, die je nach Anlass anders aussieht. Meistens wird zwar weißes Papier benutzt, nur die Farbe des Geschenkbandes (weiß, silber, gold oder schwarz) und die Art das Papier zu falten unterscheiden sich. Im Dezember vor Neujahr werden „Oseibo“ überreicht, im Juni vor Obon, die so genannten „Ochugen“. Meistens werden Lebensmittel verschenkt, in einem Wert um die 5.000 Yen.


Wenn man in einem japanischen Haus eingeladen ist, bringt man ein Geschenk mit, das so genannt „Temiyage“, das sind meist japanische Süßigkeiten, Wein oder Sake. Wenn man hingegen verreist, sollte man Freunden, Verwandten oder Kollegen „Omiyage“ mitbrigen. Die höfliche Form, Geschenke zu übergeben und entgegenzunehmen ist mit beiden Händen!


6.Im Bad:
Auch das „Bad-Wesen“ Japans unterscheidet sich von unserem westlichen. Zum einem sei noch einmal gesagt, dass er verpönt ist, mit Straßenschuhen ins Bad zu gehen! Ein japanisches Bad besteht aus einem Becken oder einer größeren Wanne, gefüllt mit sehr heißem Wasser; einer Dusche, die meist nur knapp über dem Fußboden angebracht ist, so dass man sich mit einem Hockerchen davor setzen kann, um sich gründlich abzuseifen Nach einem gründlichen Abspülen, setzt man sich in die heiße Wanne. Das Wasser darin sollte man deshalb nur gut geseift und gespült „benutzen“, da es noch von mehreren gebraucht wird.

Mittlerweile gibt es in Japan nicht nur die typisch japanische Toilette, sonder auch das „westliche Modell“, aber man findet sie doch gelegentlich, deshalb: immer mit dem Gesicht zur Wand darauf setzen!




Wenn man diese "Regeln" beachtet, kann eigentlich fast nichts mehr schief gehen. Viele Dinge wirken für uns sicherlich auch weniger befremdlich, wenn wir auf sie vorbereitet sind. Mir ist aufgefallen, dass diese japanischen Benimmregeln (abgesehen von dem ersten Punkt) nicht "verrückter" oder unverständlicher sind, als die, die wir befolgen, bzw. befolgen sollten. Ob man nun eine Regel hat, wie man mit Messer und Gabel essn soll, welches Besteck man wofür benutzt, oder ob man einen "eleganten" Weg mit Stäbchen zu essen beschrriebt, macht wohl keinen allzu großen Unterschied.
Während meinen "Nachforschungen" für diesen Post habe ich ein Zitat gefunden, dass man sehr gut auch in unseren Kulturkreis adaptieren könnte, egal ob in Bezug auf besonders gutes Benehmen oder unseren täglichen Umgang mit Menschen: "Wahre Achtung beginnt mit der Geste".



Quellen:

http://www.nichidoku.com/japan-tip-verhalten.cfm
http://www.japan-tipp.de/modules.php?name=Content&pa=showpage&pid=17
http://www.abenteuer-reisen.de/wg/jp/wg_jp__rf25__01.htm


Bilderquelle:

Bild 1, 3, 5, 6:
http://www.japan-tipp.de/modules.php?name=Content&pa=showpage&pid=17

Bild 2 (Verbeugung):
http://www.dihkj.or.jp/de/images/verbeugung.gif

Bild 4 (Geschenk):
http://www.shima7.com/tyu-mon/noshi-oseibo-s.JPG

Sonntag, Juli 02, 2006

Bauwahnsinn Teil II

Der Einfallsreichtum und die Verrücktheit, der "Bauwahnsinn" in Tokyo hat mich so fasziniert, dass ich hier noch einen zweiten Teil zu diesem Thema anfügen möchte.
In meinem letzten Post habe ich über einen SZ-Artikel geschrieben, in dem auch die Rede von einer Architektin, Momoya Kaijima,war, die sich vor allem mit der Architektur von Tokyo und den dortigen Bauabsurditäten beschäftigt.

Gemeinsam mit einigen Kolloegen hat sie ein Buch mit dem Titel "Made in Tokyo" veröffentlicht. Es zeigt 70 "schamlose räumliche Kompositionen".
In diesem Buch sind noch mehr bizarre Beispiele für die Baukultur Tokyos zu sehen. Diese Beispiele bringen den Leser zum Staunen, zum einen natürlich, weil sie zunächst so verrückt zu sein scheinen, zum anderen, darüber, wie geschickt die Architekten angesichts des herrschenden Platzmangels aus der Not eine Tugend machen.
Man staunt darüber, wie viele Möglichkeiten, so geringer Raum doch bieten kann und den Einfallsreichtum, den die Japaner hier an den Tag legen.
Im Internet findet man eine Seite zu "Made in Tokyo", auf der man einen Teil der Bauwerke, die in diesem Buch zusammen getragen wurden, ansehen kann. Man findet jeweils einen "Konstruktionsplan", der das Gebäude beschreibt, dazu ein Photo, das zeigt, wie der Plan umgesetzt wurde und zur Übersicht, für den Tokyo-Kenner, einen Stadtplan, auf dem die verschiedenen Gebäude eingezeichnet sind.

Zum Mitstaunen und Kopfschütteln hier einige Beispiele:

1. Die Fahrschule auf dem Dach, "super car school", die ich schon im letzten Post erwähnt und erklärt habe. Hier nun ein Bild von ihr:



Der Konstruktionsplan...


... und die Ausführung.



2. Ein weiteres faszinierendes Beispiel ist "Park on Park", ein Park, der aus mehreren Ebenen besteht und somit mal wieder ein Beispiel darstellt, wie geschickt die Architekten in Tokio die verschiedensten Bauwerke miteinander kombinieren um Platz zu sparen. Zuunterst befindet sich ein Parkhaus, darüber der Park mit Bäumen usw.








3. "Vampire Park": hier sieht man ein Blutspende-Gebäude gepaart mit einem Skater-Park und verschiedenen Nahverkehrsmitteln:








4. Wahrscheinlich würde es mit den Beispielen schon reichen, aber da ich manche Konstruktionen so spannend finde, möchte ich sie hier nicht vorenthalten. Hier, zu guter Letzt, das "Rollercoaster-Building":








Sehr interessant finde ich auch die Aussagen der Architekten zu ihrem Buch. In dem Folgen den Text, fassen sie ihre Gedanken zum Buch und die "Wohn- und Bausituation" in Tokyo zusammen:







Für alle, die immer noch nicht genug haben von der "Baukunst" in Tokyo, hier der Link: http://www.dnp.co.jp/museum/nmp/madeintokyo_e/mit.html#3


Bilderquelle:

http://www.dnp.co.jp/museum/nmp/madeintokyo_e/mit.html#3